Montag, 11. November 2013

Der Preis des Erfolges

30. April 2011, Heimspiel gegen Nürnberg. Dortmund wird zum ersten Mal seit 2002 wieder Meister - und das völlig überraschend.
Auch wenn die Erinnerungen langsam verblassen, einige Momente werde ich wohl nie mehr vergessen. Das Tuscheln im Stadion, bevor Nobby endlich die Kölner Führung ins Stadion hinaus gebrüllt hat. Endloses auf- und ab hüpfen, feiern, dem Fremden vor und hinter dir gleichzeitig im Arm liegen. Die Übergabe der Schale, wie es sich gehört auf dem Rasen, nicht der VIP-Tribüne.
Meine Eltern erzählen heute noch, wie ich, zurück im beschaulichen Niedersachsen, förmlich durchs Haus geschwebt bin. Selbst jetzt kommt das alte Kribbeln wieder hoch.

Das schöne an dieser Meisterschaft war: Sie übertraf alles, was ich mir vor der Saison an Erwartungen ausgemalt hatte.
Schon die Kloppschen Jahre davor haben mich glücklich gemacht. Es ging stetig bergauf, bei jedem Aufeinandertreffen konnte man auf einen Sieg hoffen, ohne nachher allzu niedergeschlagen zu sein, wenn am Ende doch weniger rausgesprungen war.
Man war das Gewinnen einfach noch nicht so gewohnt. Hoffnungsvoll, angespannt, aber nie verkrampft - solang meine Mannschaft gekämpft hat war alles gut.

Heute ist das anders. Der Erfolg hat mich verändert, und dabei wollte ich es doch nie geschehen lassen.

Versteht mich nicht falsch, Erfahrungen wie die Meisterschaft möchte ich nicht missen, und um die Tabellenführung zu spielen ist besser als gegen den Abstieg zu kämpfen.
Aber trotzdem, früher war es leichter.
Inzwischen schüttelt mich jede Niederlage, und auch wenn ich es vor mir selbst nicht gerne zugebe: Ich erwarte in fast jedem Spiel einen Sieg.
Dauernd halte ich mir unsere Vergangenheit vor Augen, wo wir waren, woher wir kommen, was erreicht wurde. Wie viel Glück ich als BVB-Fan eigentlich verspüren müsste.
Und ja, oft tue ich das. Aber dann gibt es Spiele wie gegen Wolfsburg, nach denen ich mich über die Mannschaft aufrege, ohne überhaupt zu reflektieren, ob das angebracht ist.
Nein, ist es nicht, denn der Kampf war da. Im Nachhinein ärgert mich meine überzogene Erwartungshaltung, und doch überkommt sie mich eins ums andere Mal.

Ich bin verwöhnt, will es aber gar nicht sein.

Der Erfolg hat jedoch noch andere Tücken parat.
Die mediale Präsenz des BVB ist in den letzten Jahren extrem gestiegen. Damit einher gehen natürlich immer viele Artikel, die sich an Kleinigkeiten aufreiben um irgendwie eine Story erzählen zu können. Ich habe es in diesem Blog schon einige Male erwähnt, aber es kommt doch immer wieder auf. Verzieht Christian Streich sein Gesicht, ist es authentisch; verzieht 2011er Jürgen Klopp sein Gesicht, ist es emotional; verzieht 2013er Jürgen Klopp sein Gesicht, ist es eine indirekte Gefährdung an Leib und Leben der Amateurschiedsrichter.
Viele Artikel regen einfach nur auf, gehen mehr auf Klatsch & Quatsch als auf Fußball ein.
Früher hätte es sowas nicht gegeben.

Außerdem ist es heutzutage vielversprechender, Dortmund-Sympathisant zu sein.
Eigentlich mag ich es nicht, über Fans zu urteilen, und doch erscheint es mir so, als hätte sich inzwischen eine beachtliche Anzahl Erfolgsfans gebildet. Wie hätte es auch nicht sein können, Bayern München führt einem die Existenz dieses Phänomens bei jedem Heimspiel vor Augen.
Und ich habe auch nichts gegen Erfolgsfans per se.
Wenn in einem Stadion allerdings Menschen stehen [!], die sich beim Versuch von Support angewidert zu den ähnlich gekleideten "Mitstreitern" umdrehen und eine Niederlage sogar mit einem Lächeln quittieren, weil es ihnen einige Punkte im Tippspiel eingebracht hat - ja dann könnt ich austicken. [Wolfsburg - eine Abrechnung]
Das ist nicht meine Auffassung von Fandasein, und auf diese Leute kann ich im Umfeld "meines" Vereins gut verzichten.

Früher war vielleicht nicht alles besser, aber vieles einfacher.

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